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PhysikerInnen untersuchen Klimaeinflüsse durch Aerosole

PhysikerInnen untersuchen Klimaeinflüsse durch Aerosole
Forschung

Roland Dreger (Redaktion) am 27. Oktober 2005

In dem soeben begonnen Forschungsprojekt CALIPSO untersuchen PhysikerInnen der Universitäten Wien und Granada den Einfluss von Aerosolen – also kleinster Partikel in unserer Atmosphäre – auf die Sonneneinstrahlung und somit auf das weltweite Klima. Vieles in dem komplexen Zusammenspiel ist noch unklar.

Partikel ist nicht gleich Partikel: Wie kleine Spiegel reflektieren helle Partikel in unserer Atmosphäre einen Teil des auf die Erde auftreffenden Sonnenlichts, während beispielsweise dunkle Rußpartikel teilweise diese Strahlungsenergie absorbieren. Jüngste Messungen der ForscherInnen des Instituts für Experimentalphysik der Universität Wien lassen nun einen stärkeren Einfluss dieser Absorption auf die Erwärmung der Erdatmosphäre vermuten, als bisher angenommen.

Lichtabsorption: die große Unbekannte

Im Wechselspiel von Sonnenlicht und Aerosolen, ist diese Lichtabsorption derzeit die größte Unbekannte, verdeutlicht der Leiter des österreichischen Projektteams, Univ.-Prof. Dr. Helmuth Horvath. Wird von den Partikeln viel Licht absorbiert, kann so viel Energie in Form von Wärme an die umgebende Luft abgegeben werden. Zugleich gelangt weniger Licht auf die Erdoberfläche, was dort zu einer Abkühlung führt.

Folgen noch nicht abschätzbar

Noch liegen zu wenige Messwerte vor, um genauere Aussagen über die Folgen und Stärke dieses Effektes zu machen, erklärt Horvath. Eine wärmere Atmosphäre und ein kälterer Erdboden könnten insgesamt aber zu einer stabileren Atmosphäre und dadurch zu einer geringeren Chance auf Niederschlag führen, so der Physiker.

Messungen in ganz Spanien

Genauere Daten soll nun das Projekt CALIPSO bringen. An ausgewählten Standorten in ganz Spanien wollen die Wiener und spanischen PhysikerInnen die in der Atmosphäre vorhandenen Partikel untersuchen. Die Wechselwirkung mit der Sonnenstrahlung und die chemische Zusammensetzung der Aerosole soll ebenso analysiert werden wie deren räumliche Verteilung. Auch Vergleiche mit Messungen in Wien sind geplant.
Spanien ist für die AerosolphysikerInnen besonders interessant, da hier Einflüsse vom Atlantik, vom europäischen Festland sowie von der Sahara für höchst unterschiedliche Bedingungen sorgen. So werden etwa regelmäßig große Mengen an Sand mit der Luftströmung aus dem Süden über die Iberische Halbinsel geweht.

Weltweit gefragte Messinstrumente

Erst vor kurzem ist ein fünfköpfiges Forschungsteam des Instituts für Experimentalphysik von einer Messkampagne aus Spanien zurückgekehrt. Mit dabei waren 500 Kilogramm Equipment. Die größtenteils in Wien entwickelten Messgeräte sind weltweit für die Analyse der optischen Eigenschaften von Partikeln in der Atmosphäre gefragt. Die Daten sollen nun in den nächsten Monaten ausgewertet werden.

In Europa nimmt Partikelanzahl ab

Wie Messungen der letzten Jahrzehnte belegen, hat die Anzahl der atmosphärischen Teilchen in Europa kontinuierlich abgenommen. Die Hauptursachen sind die fortschreitende technologische Entwicklung und die höheren Umweltauflagen. Währenddessen steigt ihre Konzentration in Asien rapide an. In China zum Beispiel wird der Energiebedarf größtenteils durch Verbrennung von Kohle gedeckt – eine enorme Produktion von Russpartikel ist die Folge.

Einfluss auf Monsun

Wie eine chinesische Studie zeigen konnte, resultiert daraus mittlerweile ein deutlicher Einfluss auf den alljährlichen Monsun. Die hohe Zahl der Partikel verringert die Sonneneinstrahlung und führt somit zu einer geringeren Aufheizung der Landmasse. Was wiederum bewirkt, dass sich die Niederschläge weniger weit nach Norden ausbreiten und sich die Dürrekatastrophen in dieser Region häufen. Im Süden hingegen kommt es immer öfters zu verheerenden Überschwemmungen. Mit Unterstützung aus Wien wurden die Ergebnisse dazu vor einigen Jahren veröffentlicht.

Auswirkungen weitgehend ungekannt

So zweifelt heute kaum jemand mehr daran, dass Aerosole in unserer Atmosphäre wesentliche Auswirkungen auf die Sonneneinstrahlung und damit auf das Weltklima haben. Wie stark diese Einflüsse allerdings sind und ob sie insgesamt zu einer Erwärmung oder Abkühlung der Erde beitragen, ist weitgehend unbekannt.

Partikel kennen keine Landesgrenzen

Obwohl die Teilchenkonzentration regional sehr unterschiedlich sein kann, stellen diese Aerosole nicht nur ein nationales Problem der einzelnen Staaten dar. Über Luftströmungen erfolgt ein Transport der Partikel oft über tausende Kilometer hinweg. So sind auch nur etwa 30 Prozent der Teilchen in Österreich hausgemacht, schätzt Horvath. (ro)

Das Projekt CALIPSO wird von der spanischen Regierung finanziert und ist auf 30 Jahre angelegt. Es wird in Kooperation der Universitäten Granada/Spanien und Wien durchgeführt. Zudem besteht im Rahmen des Abkommens Acciones Integradas des Österreichischen Austauschdienstes eine Zusammenarbeit mit der Universität Valladolid/Spanien. Vom 3. bis 6. September 2006 wird zum Thema Atmosphärische Optik eine Konferenz an der Universität Wien abgehalten.

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