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Spurensuche in der Alten und der Neuen Welt

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Spurensuche in der Alten und der Neuen Welt

Europa und Karibik uneins über Rechte an sterblichen Überresten des großen Entdeckers
von Horst Heinz Grimm, 17.01.06, 10:51h

In Barcelona berichtete Kolumbus dem spanischen Königspaar als erstes von seiner Entdeckung – heute erinnert am Hafen der Mittelmeerstadt eine Statue auf einer 50 Meter hohen Säule an den Seefahrer. (Foto: dpa)
Valladolid/Santo Domingo/dpa. In Valladolid in Kastilien starb vor einem halben Jahrtausend ein Mann, der das mittelalterliche Weltbild entscheidend verändert hatte: Admiral Christoph Kolumbus. Von Gicht und Arthritis geplagt, vom Thron eines Vizekönigs gestürzt und vergessen von vielen Zeitgenossen, verschied der Seefahrer am 20. Mai 1506 in dem Glauben, den Seeweg westwärts nach Asien gefunden zu haben. Dass Portugal auf einer Route um Afrika herum Indien erreicht und er einen neuen Kontinent entdeckt hatte, konnte Kolumbus nicht akzeptieren. 500 Jahre nach seinem Tod begeben sich heute Touristen auf Spurensuche – in der Alten ebenso wie in der Neuen Welt.

In der Woche vor dem 500. Todestag treffen sich Historiker aus aller Welt in Valladolid zu einem Kolumbus-Kongress, um neueste Erkenntnisse über den großen Entdecker auszutauschen. Denn vieles aus dem Leben dieses Mannes blieb bis heute im Dunkeln. «Niemand weiß, wer er ist, woher er kommt, was er sich vorgenommen hat», stellte der Schriftsteller Salvador de Madariaga y Rojo (1886-1978) in seinem biografischen Werk über den Seefahrer fest, von dem ein zu Lebzeiten gemaltes Bild bisher nicht gefunden wurde.

In einem unscheinbaren Haus in der italienischen Hafenstadt Genua kam Cristoforo Colombo als Sohn eines Tuchwebers in der zweiten Jahreshälfte 1451 zur Welt. Das Geburtshaus existiert heute nicht mehr. Zum Gedenken an den großen Sohn der Stadt errichteten die Genueser im 18. Jahrhundert an der Piazza Dante im Zentrum ein Kolumbus-Haus und stellten vor dem Hauptbahnhof ein Denkmal des Entdeckers auf. «Im Museo del Mare im alten Arsenal können Sie die Geschichte der Mittelmeer-Seefahrt im 15. Jahrhundert studieren», empfiehlt Geschichtsstudentin Joanna Marconi Besuchern der Stadt.

In dem Museum ist etwas über die Zeit zu erfahren, als die westliche Welt noch am Südrand des Mittelmeeres und an der Atlantikküste endete. Die Erde wurde damals als Scheibe betrachtet, an deren Rändern das Verderben wartete. Die Stadtrepublik Genua, die ein Doge vom prächtigen Palazzo Ducale aus regierte, lebte sehr gut vom Mittelmeerhandel und von der Schifffahrt.

Wie der Webersohn Seefahrer wurde, konnten Historiker bis heute nicht verlässlich klären. Nur eines scheint festzustehen: Als Freibeuter Mitte August 1476 vor der portugiesischen Küste sein Schiff angriffen, rettete sich Kolumbus schwimmend an Land und schlug sich nach Lissabon durch, wo sein Bruder Bartholomäus als Kartograf lebte. Portugal war zu dieser Zeit bereits eine maritime «Weltmacht»: Die Schiffe des Königs erschlossen damals die Küste Westafrikas.

Lissabon sollte die neue Heimat des Genuesers werden. Hier trug er dem Herrscher die Idee vom Seeweg westwärts nach Asien vor. Als ihm der Hof eine Absage erteilte, zog er im Jahr 1484 mit Sohn Diego nach Spanien. Im Kloster La Rábida nahe der Hafenstadt Huelva fand der Gescheiterte Unterschlupf. Von hier sowie von Palos, Cádiz und Sanlucar de Barrameda an der andalusischen Küste aus brach er später zu seinen Reisen auf und betrat jeweils wieder spanischen Boden.

In Portugal finden Urlauber kaum nennenswerten Erinnerungen an Kolumbus. Aufzeichnungen seiner Pläne fielen der Feuerkatastrophe von 1755 zum Opfer, die die Stadt Lissabon nach einem verheerenden Erdbeben heimsuchte und auch die Archive vernichtete.

«Wenn Sie Unterlagen suchen, finden Sie diese in Sevilla», sagt Magdalena Canellas, ehemalige Direktorin des «Arquivo de Indias» in der andalusischen Großstadt. Rund 40 Millionen Dokumente aus der Zeit der spanischen Entdeckungen, darunter auch Kolumbus-Schriften, lagern hier in den Regalen. Das Ende des 16. Jahrhunderts errichtete Gebäude beherbergte zunächst die Börse und nahm dann 1875 das Archiv auf. Historiker können hier forschen, auch Touristen bekommen an Vormittagen einen Teil der Papiere zu sehen.

Spaniens «Katholische Majestäten» Isabella von Kastilien und Ferdinand von Aragon kämpften noch gegen die Mauren, als Kolumbus ihnen im Jahr 1486 erstmals seinen Vorschlag unterbreitete. Als Bittsteller reiste er den Herrschern durch das Land nach, das sie von mehreren Städten – Cordoba, Salamanca, Sevilla, Saragossa, Valladolid – aus regierten. Entmutigt wollte der Seefahrer schon aufgeben und sein Glück in Frankreich versuchen, als die Herrscher ihn im Frühjahr 1492 rufen ließen und ihm doch den Auftrag erteilten, als Großadmiral und Vizekönig neue Welten zu erobern und Reichtümer zu beschaffen.

Am 3. August 1492 nahm Kolumbus mit drei Schiffen vom Hafen Palos aus Westkurs ins Unbekannte. Sein Ziel: die Schätze Asiens, von denen Reisende wie Marco Polo berichtet hatten. Nach zweieinhalb Monaten ging Kolumbus auf Samana Cay nahe der Bahamas erstmals in der Neuen Welt an Land. Am 6. Dezember erreichte er eine Insel, die er «La Espanola» nannte. Daraus wurde Hispaniola, auf der heute die Dominikanische Republik und Haiti liegen.

Am 15. März 1493 traf der Seefahrer wieder in Palos ein. König und Königin residierten damals im Palast in Barcelona. «Hier berichtete Kolumbus von der Neuen Welt», erzählt der Historiker Ildefons Puig. Es muss ein großartiger Empfang gewesen sein. Der Zeremoniensaal und die Freitreppe davor lassen bei einer Besichtigung noch die Pracht erahnen. An das Ereignis erinnert eine 50 Meter hohe Säule mit einer Kolumbus-Statue am Hafen von Barcelona, die 1888 zur Weltausstellung errichtet wurde.

Die Herrscher beauftragten den Entdecker gleich mit der nächsten Reise. Mit 17 Schiffen lief Kolumbus am 25. September vom Hafen Cádiz aus. Proviant fassen und Reparaturen zwangen ihn zu einem mehrwöchigen Aufenthalt auf Gran Canaria, wo nahe der Kathedrale von Las Palmas eine «Casa de Colon» an den berühmten Besucher erinnert.

Es ist aber nicht verbürgt, ob der Großadmiral tatsächlich in der Residenz des königlichen Inselstatthalters gewohnt hat. Wieder in der Karibik, entdeckte die Flotte zunächst die Inseln Guadeloupe und Puerto Rico und gründete an der Nordostküste von Hispaniola die erste Stadt der Neuen Welt. Er nannte sie der Königin zu Ehren Isabella.

Der Vizekönig suchte aber schnell nach einem besseren Ort als den fieberverseuchten Norden und entschied sich für die Südküste der Insel. Es entstand Santo Domingo, die jetzige Hauptstadt der Dominikanischen Republik. Es ist die älteste ununterbrochen bestehende Siedlung der Neuen Welt. Die Stadt Isabella verfiel bald. Heute sind nur noch wenige Überreste in der Nähe von Luperon zu sehen, etwa 40 Kilometer westlich von Puerto Plata gelegen.

In Santo Domingo erwarten Besucher die größten Kolumbus-Monumente: «Von historischer Bedeutung ist der Alcázar de Colon, in dem der Admiral aber niemals gewohnt hat. Sein Sohn Diego gab als Gouverneur den Bau in Auftrag», sagt der in Santo Domingo lebende Schriftsteller Manuel Farjardo. Mehr über den Entdecker und seine Zeit ist allerdings im «Faro a Colon» zu erfahren, dem «Kolumbus-Leuchtturm». «Der Name soll nicht täuschen, es ist ein in Kosten und Größe überdimensionierter Bau», kritisiert Farjardo. Er entstand zum 500. Jahrestag der Entdeckung Amerikas 1992 in Form eines Kreuzes von 240 Metern Länge, 34 Metern Breite und 46 Metern Höhe.

«Hier befindet sich das Grab des Kolumbus», erklärt überzeugt der Fremdenführer, der sich als José vorstellt. Historiker bekommen dabei aber ihre Zweifel, denn es ist umstritten, wo die letzte Ruhestätte des Vizekönigs sich befindet. Gerade fand Marcial Castro von der Universität Granada in Spanien heraus, dass Kolumbus in Valladolid zuerst an einer Stelle bestattet wurde, «an der bis 1837 ein Kloster stand und an der sich heute eine viel befahrene Straße befindet».

Kolumbus-Sohn Diego ließ seinen Vater nach Sevilla umbetten. Der Entdecker hatte einigen Historikern zufolge jedoch testamentarisch verfügt, in Santo Domingo bestattet zu werden und wurde im Jahr 1544 übergeführt. Als die Franzosen dort die Spanier bedrängten, brachten diese 1795 den Sarg in die Kathedrale von Havanna.

Doch als Spanien nach dem Krieg mit den USA 1898 seine reiche Kolonie aufgeben musste, nahmen die Spanier die Überreste des Großadmirals mit und setzten sie in der Kathedrale von Sevilla bei. Heute bestehen zwei Grabmonumente – in Sevilla und Santo Domingo. Forscher bemühen sich durch Analysen der Knochenreste um Klärung der Frage, welche Stadt für sich in Anspruch nehmen kann, Begräbnisort des Christoph Kolumbus zu sein.

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